Ein unpolitischer NS-Profiteur? –
Werner Peiners Selbstsicht nach 1945
Werner Peiner hat seine Eindrücke von den Begegnungen mit der NS-Führung und von seinem künstlerischen Schaffen zwischen 1936 und 1945 in einer unveröffentlichten Autobiographie festgehalten, die er 1975 verfasste. Sie ist auch ein Zeugnis eigener Unbelehrbarkeit. Bis zuletzt hielt der Maler an der Vorstellung fest, als Unpolitischer nach dem Sturz der NS-Diktatur für seine Nähe zum Regime zu Unrecht an der Rückkehr nach Kronenburg gehindert und politisch ausgegrenzt worden zu sein.
Die folgenden Zitate aus seinen autobiographischen Aufzeichnungen "Ein Künstlerleben in Sturm und Stille"1 markieren einige Stationen seines Lebens und Schaffens und belegen seine Nähe zu bekannten Persönlichkeiten des NS-Regimes sowie die damit verbundene Eitelkeit Peiners.
"Im Herbst [1936] erreichen mich wieder nach der langen wirtschaftlichen Baisse die ersten größeren Aufträge. Professor Sagebiel, der Erbauer des Luftfahrtministeriums, wünschte für dieses Haus mehrere große Tafeln. Anschließend wurde mir durch ihn der Auftrag zuteil, für den Festsaal im Haus der Flieger vier Gobelins zu schaffen."2
Im folgenden Zitat wird deutlich, in welcher Beziehung Werner Peiner in seiner Wahrnehmung zu Hermann Göring stand. Göring schenkte Peiners Kunst bei einer Gelegenheit vor anderen Aufmerksamkeit und schmeichelt ihm, worin das starke Abhängigkeitsverhältnis zwischen Auftraggeber und hier dem Kunstproduzent deutlich wird:
"Nach Tisch wanderten wir alle wieder den Garten aufwärts. Dort sagte mir Göring, stehen bleibend: 'Herr Peiner, ich bin zu Ihnen gekommen, weil ich glaube, daß Sie der Einzige sind, der unserer notleidenden deutschen Kunst helfen kann'. Ins Atelier wagte uns […] niemand zu folgen. Man wartete draußen. Jetzt aber bat Göring alle, hereinzukommen und dann nahm er Bild für Bild – es waren schwere Holztafeln – und trug sie die zehn Meter zur Staffelei. Als er sie so vorführte, fragte er: 'Ist das nicht schön?' Ich hatte so eine spontane Würdigung meiner Kunst noch nie erlebt. Kein Museumsdirektor hätte je etwas Ähnliches getan. Er saß nur wie ein Papst vor uns Kleinen, die seine Gunst brauchten."3
"Durch Albert Speer, den Architekten des Führers, erhielt ich den Auftrag, für die 160 Meter lange Halle der neuerbauten Reichskanzlei acht Gobelins in der Größe von 5,40 x 10 Metern zu schaffen. Als Thema wurden mir die Schicksalsschlachten der deutschen Geschichte gegeben. Der Auftrag […] war der größte, der zu dieser Zeit einem Maler gegeben wurde."4
Aus oben stehendem Zitat scheint Peiners künstlerischer Stolz zu sprechen, möglicherweise darüber, dass der prominenteste Architekt des NS-Regimes, Albert Speer, der vor allem für die heute unter der Bezeichnung Germania bekannten Bauvorhaben bekannt ist, ihm einen derart großen Auftrag gab.5
"Die Entwürfe […] standen eben vor der Fertigstellung, als mich Albert Speer einlud, meine 'Tankschlacht von Cambrai' dem Führer persönlich zu zeigen. Die Vorlage in Gegenwart vieler Minister fiel glänzend aus. Hitler hieß jede Einzelheit gut, und ich wurde anschließend mittags zu Tisch geladen. Ich saß am großen runden Tisch zwischen General Ritter von Epp und Speer. Mir gegenüber Himmler und Goebbels."6
Neben der Anerkennung durch große Auftragsarbeiten von der NS-Führung scheint es für Werner Peiner ebenso wichtig gewesen zu sein, Zugehörigkeit zu finden: im obigen Zitat wird deutlich, wie die soziale Einbindung – durch ein gemeinsames Essen – und als Teil der Runde von bekennenden und einflussreichen nationalsozialistischen Führungspersonen offenbar von Bedeutung für Peiner war. Während das Zitat zeitgenössisch als Zugehörigkeit zur NS-Spitze gelesen werden kann, liest es sich aus heutiger Sicht als Zeugnis einer von Geld und Macht bestimmten erfolgreichen Indoktrination des Künstlers.
"Bei unseren Unterhaltungen [1942] sagte mir Speer am nächsten Tage, Hitler habe entschieden, daß nach dem Kriege drei Kunstschulen östlich von Berlin errichtet werden sollten. Es sollte Speer die Schule für Architektur leiten, Arno Breker die für Plastik und ich die für Malerei. Er trug mir das 'Du' an und meinte, wir drei müßten zusammen halten. Ich gab ihm erfreut meine Zusage."7
Hier wird Peiners Nähe zu Speer deutlich, aber auch, wie er sich offenbar durch die Zukunftsversprechen der NS-Funktionäre beeinflussen ließ: nur durch die bloße Aussicht auf eine eigene Kunstschule, lässt Peiner sich beinahe 'verbrüdern', ohne scheinbar jedoch in engere Gespräche eingebunden zu sein.
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1 Peiner, Werner: Ein Künstlerleben in Sturm und Stille. Unveröffentlicht, o. O., o. J.
2 ebd., S. 129.
3 ebd., S. 133.
4 ebd., S. 150.
5 Siehe dazu Thorau, Dagmar und Schaulinski, Gernot: Mythos Germania: Vision und Verbrechen. 1. Auf. Berliner Unterwelten, 2014.
6 Peiner, Werner: Ein Künstlerleben in Sturm und Stille. Unveröffentlicht, o. O., o. J., S. 162f.
7 ebd., S. 174.