Werner Peiners Kunst als 'Zeichen ihrer Zeit'?

Peiners Rolle als Kunstschaffender während des Nationalsozialismus ist damit sehr kritisch zu sehen. Seine Werke mögen vielleicht nicht immer per se als ideologisch eindeutig oder vordergründig propagandistisch eingeschätzt werden, doch aufgrund der notwendigen Kontextualisierung, sind sie ebenso kritisch zu sehen. Ihre Aussagekraft beziehen sie möglicherweise erst durch den historischen Rahmen, in den sie gestellt werden müssen. Nichtsdestotrotz kann und darf dieser jedoch bei einer Frage nach ihrer Bewertung nicht ausgelassen werden.  

Dieses Bild zeigt ein Beispiel, wie Peiners Kunst sich aus verschiedenen Perspektiven einordnen lässt: Eine Werbeagentur nutzte in den 1950er-Jahren ein Gemälde aus Peiners 1935-1938 entstandenem 'Afrika-Zyklus', der an die deutsche Kolonialgeschichte anknüpfte. Sie positionierte vor dessen Savannenlandschaft mit Giraffen eine Safari-Gesellschaft in dem damals neuesten Produkt aus dem Hause VW, dem inzwischen prominenten Bulli. Damit mag das Werk scheinbar harmlos wirken, durch die zwangsläufige Entkontextualisieurung wird die Kolonialgeschichte jedoch nur ausgeklammert, kann aber in der Nutzung und Wertung nicht missachtet werden. Dies ist besonders relevant, wenn es um Fragen nach Sichtbarkeit in der historischen Aufarbeitung zentraler Themen geht. Auch die Pharmafirma Boehringer bat 1950 um die Abdruckgenehmigung einer Afrikanischen Landschaft als verkaufsfördernde Beigabe zu ihren Ärzteinformationen. Beides zeigt, dass Peiners Werke ganz unterschiedlich gedeutet wurden.

Was während des Nationalsozialismus die Sehnsucht nach Wiedererlangung des alten Kolonialbesitzes stimulierte, befriedigte in 'Wirtschaftswunderzeiten' den Wunsch nach exotischen Reisen mittels neuer deutscher Autotechnik. Oder es konnte als verkaufsfördernde Beigabe dazu dienen, das Wohlwollen der Ärzteschaft zu gewinnen. Trotz dieser funktionalen Umdeutung Peiners Werke sind diese vor allem im Kontext ihrer Entstehung zu sehen und können nicht unabhängig von den ideologischen Wertsetzungen durch den Nationalsozialismus gelesen werden.

Nach 1945 musste Werner Peiner Themen und Stil nicht wesentlich verändern. Seine Bilder fanden weiterhin Absatz. Mit allegorischen Darstellungen denkbarer Katastrophen nutzten insbesondere Versicherungskonzerne die Werke bei der Ausstattung ihrer Sitze. Nicht zufällig zählten der Gerling-Konzern und die Provinzial Versicherung in den Nachkriegsjahrzehnten zu den Abnehmern großformatiger Werke Peiners. Auch dies scheint anzuknüpfen an die mangelnde Aufarbeitung der Geschichten zahlreicher Profiteure des NS-Regimes in der unmittelbaren Nachkriegsgeschichte.