Werner Peiners Gemälde als 'Nazikunst'
2012 entzündete sich ein heftiger Streit während einer Präsentation von Peiners Werken im KunstForumEifel in Schleiden-Gemünd um die Frage, ob Werner Peiners Gemälde und Tapisserien ausschließlich als 'Nazikunst' einzuordnen seien, wie Gegner der Ausstellung geltend machten. War Peiner ein 'Dekorateur der Barbarei', wie der Plakatkünstler Klaus Staeck einst Arno Breker (*1900 - †1991) charakterisiert hat?1
Großformatige Bildfolgen wie den 'Falkenjagdzyklus', 'Die fünf Erdteile' oder den 'Schlachtenzyklus' schuf Peiner explizit für die Ausstattung nationalsozialistischer Regierungs- und Repräsentationsbauten. Auftraggeber waren Hitler, Göring, Speer und Reichsaußenminister von Ribbentrop. Von der Auftraggeberseite betrachtet, handelt es sich also qua Auftrag um 'Nazikunst', die der Führungsriege des Regimes zur Selbstinszenierung und Überhöhung diente. Kunsthistoriker analysieren, bewerten und klassifizieren künstlerische Objekte aber nicht allein nach den Auftraggebern, sondern nach Motiven, Traditionen, Maltechniken und einigem mehr. Und so gesehen macht man es sich mit dem Stempel 'Nazikunst' zu einfach. Denn auch hier gilt: Wesentliche Elemente der von den Nationalsozialisten propagierten Kunst waren längst vor dem Systemwechsel da.
Werner Peiner musste daher in seinem Schaffen nach 1933 keinen Bruch vollziehen. Seine ästhetischen Intentionen, die aus Traditionen der bürgerlichen Kunst des 19. Jahrhunderts schöpften, kamen den nationalsozialistischen Vorstellungen von einem 'nationalen Stil' sogar besonders nah. Dazu zählten: Ressentiments gegen die verschiedenen Richtungen der Moderne, die als degeneriert und zerrissen abgewertet wurden, der Rückgriff auf ein altmeisterliches Formenvokabular mit teils strengen Typisierungen, das mitunter in die Formensprache der Neuen Sachlichkeit überführt wurde, Rückgriffe auf Elemente der Antike sowie des Mittelalters und ihr ikonographisches Vokabular aus heroisierten Körpern, imperialen Inszenierungen sowie idealisierten Bauernszenen und Landschaften, das Beschwören eines germanischen Ursprungsmythos und eine Tendenz zur Monumentalität in Bildgröße und Detailreichtum.
Entscheidend bei der Frage, ob es sich bei Peiners Werken um 'Nazikunst' handelte oder nicht, ist aber dennoch der Kontext, in dem seine Kunst entstanden ist. Denn entgegen seiner eigenen Darstellung als 'armer Künstler' lässt sich doch zusammenfassen, dass er Kunst schaffen konnte – ein Umstand, der den Künstler:innen, die vom NS-Regime diffamiert und systematisch verfolgt wurden, und deren Kunst als 'entartet' tituliert wurde, nicht mehr selbstverständlich war bzw. unmöglich gemacht wurde. Jene Künstler:innen wurden, entgegen Peiner, verfolgt und ihre Kunst systematisch vernichtet.
Weiter verdiente Peiner sehr viel Geld mit seinen Bildern während des Nationalsozialismus und steht damit exemplarisch für die zahlreichen Profiteure des Gewaltregimes, welche sich u.a. am Besitz der politisch Verfolgten direkt oder indirekt bereicherten. Dies hing unmittelbar mit Peiners Auftraggebern zusammen. Weiter ist sehr aussagekräftig, dass sich Peiners Kunst vielleicht nicht direkt anpassen musste, doch dass sie sich so unkritisch in die künstlerischen Narrative des NS-Regimes einpasste und von Peiner selbst nicht hinterfragt oder eingeordnet wurde. Besonders relevant ist dies mit Blick auf die Frage, ob es sich um 'Nazikunst' handelte.
So lässt sich festhalten, dass Peiners Kunst in ihrer Bildsprache mit den Vorstellungen des NS-Regimes zu Kunst konform ging, dass Peiners Kunst in der Gunst und Förderung von der NS-Führung schuf und stark davon profitierte. Und schlussendlich wurden seine Werke – entgegen der als 'entartet' diffamierten Kunst der politisch verfolgten Künstler:innen – tatsächlich als Kunst anerkannt. Demnach ist hier vielleicht nicht die entscheidende Frage, ob 'Nazikunst' oder nicht, sondern welche Rolle Peiner und seine Werke während des Nationalsozialismus einnahmen.
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1 Leithold, Iris: Dekorateur der Barbarei. In: Jüdische Allgemeine 27.07.2006, URL: https://www.juedische-allgemeine.de/allgemein/dekorateur-der-barbarei/ (zuletzt abgerufen am 15.11.2023).