Streit um Werner Peiners künstlerisches Vermächtnis
Werner Peiner hat in seiner unveröffentlichten Autobiographie und in Briefen wiederholt erklärt, dass ihn die Politik des NS-Regimes nicht interessiert habe, sein Interesse habe nur der Kunst gegolten – und bedient damit eine ähnliche Argumentation wie Albert Speer in dessen Exkulpationsversuchen. Auch die Beziehung zu Hermann Göring sei rein freundschaftlicher und nicht politischer Natur gewesen. Er habe sich während des Nationalsozialismus nie an das Regime angepasst. Damit wird außer Acht gelassen, dass es für Peiner scheinbar keine Notwendigkeit der politischen Anpassung gegeben habe, um trotzdem von den großen Auftragsarbeiten der NS-Führung zu profitieren und seine Auftraggeber nicht kritisch zu betrachten. Zugleich muss davon ausgegangen werden, dass seine fehlende Distanzierung oder Kritik gegenüber der NS-Führung und die Annahme der Aufträge ihm zu weiteren Aufträgen verhalf. Entsprechend steht gegen diese Selbstsicht die große Nähe des Malers zu den Führungspersonen des Regimes, die in den genannten Zitaten und auf zeitgenössischen Fotografien deutlich wird. Sie gipfelte 1940 in der Verleihung des Titels eines preußischen Staatsrats. Damit stand der Maler in einer Linie mit anderen Günstlingen des NS-Regimes wie dem Dirigenten Wilhelm Furtwängler oder dem Schauspieler Gustaf Gründgens.
Beobachten lässt sich, dass Peiner schon vor 1933 wesentliche Grundüberzeugungen und Werte vertrat, die überwiegend dem bürgerlichen Kanon des 19. Jahrhunderts entstammten und aus denen sich die Nationalsozialisten später bedienten. Letztere etablierten ein zutiefst antidemokratisches und autoritäres Ordnungsdenken, das in der Vorstellung von 'Führer' und 'Gefolgschaft' gipfelte, die Überhöhung von 'Blut und Boden' als Topos eines rassenbiologischen Fundaments und völkischen Gesellschaftsverständnisses sowie ein ausgeprägter Antisemitismus. Peiner könnte angesichts seiner Werthaltungen auch leicht als 'Kind seiner Zeit' exkulpiert werden – dies ließe jedoch außer Acht, dass er dennoch nicht vom NS-Regime hätte profitieren müssen, dass dieser Zusammenhang jedoch Peiners Selbstsicht erklären könnte. Zugleich wird deutlich, dass Peiner offenbar nicht die deutliche Abgrenzung zu jenen Werten suchte – weder während des Nationalsozialismus noch danach (s. Zitate Peiners)
Auch nach 1945 wirkten diese weltanschaulichen Versatzstücke im Denken Peiners fort. Noch 1950 sprach er im Zusammenhang mit einem ihm missliebigen Artikel in den Frankfurter Heften vom "jüdischen Journailleton […], den wir ja aus der Zeit vor 33 bis zum Überdruß kennen"1. Im Kontext der Nachkriegszeit muss jene Bemerkung als klar antisemitisch gelesen werden und scheint noch immer an die antijüdische Propaganda der Nationalsozialisten anzuknüpfen. Daher schließen sich Fragen danach an, wie Werner Peiners während des NS geschaffene Kunst einzuschätzen ist.
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1 Brief von Prof. Werner Peiner, Leichlingen, Haus Vorst an Landrat Dr. Schramm, Buschfelderhof Schmidt über Düren vom 08.12.1950. Rheinisches Archiv für Künstlernachlässe (Bonn), NL Werner Peiner.