Vergessen und Gedenken

Friedhof russischer Soldaten in Hollerath (22.05.1950); Vorderseite

Das Mahnmal auf dem Friedhof für "russische Soldaten" in Hollerath, fotografiert am 22. Mai 1950. (Quelle: Gemeindearchiv Hellenthal, GdArch He 1461.)

In der noch jungen Bundesrepublik Deutschland wurden durch eine Erneuerung/Neuauflage des Gräbergesetzes im Jahr 1965 die Gräber von Opfern der NS-Gewaltherrschaft mit Opfern aus diversen Kriegskontexten gleichgestellt und ein dauerhaftes Ruherecht gewährt.

Das Gesetz regelt nicht nur den dauerhaften Erhalt der Gräber der Opfer nationalsozialistischer Gewaltmaßnahmen”,1 sondern auch von Personen, die während ihres militärischen bzw. militärähnlichen Dienstes verstarben. Das Gesetz schützt somit nicht nur die Gräber der Opfer des Nationalsozialismus, sondern beispielsweise auch von Angehörigen der Wehrmacht.2 Dieser Teil der Regelung birgt bis heute die Gefahr einer „Heldenverehrung” von einstigen Tätern.

Skizze des Kriegsgefangenenlagers und des "Russenfriedhof"

Eine Skizze aus dem Jahr 1990 gibt einen Hinweis auf die Lage der einstigen Begräbnisstätte. (Quelle: Heup, Karl: Skizze des Kriegsgefangenenlagers und des “Russenfriedhof”. In: Hanf, Walter: Chronik von Hollerath, Hollerath, 1990, S. 121.)

Für ein würdiges Gedenken an die Verstorbenen auf dem Hollerather Lagerfriedhof kam diese Neuregelung nicht mehr zum Tragen. Mit dem Abschluss der Umbettungen auf die neue zentrale sowjetische Kriegsgräberstätte Simmerath / Rurberg im Jahr 1960 und dem nachfolgenden Abbruch des sowjetischen Mahnmals, einem Gedenkstein mit kyrillischer Schrift auf dem Lagerfriedhof,3 wurde der Gedenkort in den Nachbarkreis verlagert. Obwohl dieses Vorgehen durchaus kritisiert wurde,4 kann die Umbettung von kleineren Kriegsgräberstätten und Feldbestattungen in der Region nach Simmerath-Rurberg5 auch als wichtige Initiative zur Schaffung eines würdigen zentralen Gedenkortes angesehen werden.

Ein öffentliches Gedenken an das Leben und Sterben der im Kriegsgefangenenlager Hollerath internierten Kriegsgefangenen findet in Hollerath selbst bis in die Gegenwart nicht statt: Der einstige Friedhof am Waldrand bei Hollerath wurde entfernt und der Kontext der unmittelbar zum Lager gehörigen Bestattungsstätte geriet in Vergessenheit.6

Einen Hinweis auf die mögliche Lage der früheren Begräbnisstätte findet sich in einer Skizze in der Hollerather Dorfchronik von Walter Hanf aus dem Jahr 1990: Neben dem Kriegsgefangenenlager und dem Lagerfriedhof verlief nach Aussagen des Lokalhistorikers Karl Heup und weiterer Zeitzeugen ein Verbindungsweg, über den der Friedhof vom Lager aus erreicht werden konnte.Auch wenn gegenwärtig keine Informationen darüber vorliegen, auf welche Erkenntnisse sich die Skizze stützt, ist sie dennoch von großer Relevanz für die zukünftige Gedenkarbeit und Erforschung des Kriegsgefangenenlagers Hollerath. Die Skizze kann beispielsweise als Ausgangspunkt  für LiDAR-Scans fungieren. Hierbei handelt es sich um eine Form des dreidimensionalen Laserscannings, das an einer Flugdrohne befestigt werden und detaillierte archäologische Erkenntnisse liefern kann. 

___________________

1 Gesetz über die Erhaltung der Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft (Gräbergesetz), in: Bundesgesetzblatt, 29. 1965, H.2, S. 589-592, hier S. 589.
2 Vgl. ebd.
3 Vgl. Heinen, Franz Albert: "Abgang durch Tod". Zwangsarbeit im Kreis Schleiden 1939-1945, Schleiden,  2018, S. 395.
4 Vgl. ebd.
5 Vgl. Schöller, Benedikt/ Schöller, Konrad: Verschleppt, verhungert, verscharrt - vergessen? Die sowjetische Kriegsgräberstätte Simmerath-Rurberg im regionalgeschichtlichen Kontext, in: Karola Fings/ Frank Möller (Hrsg.): Hürtgenwald - Perspektiven der Erinnerung, Berlin: Metropol 2016, S. 81-100, hier S. 84.
6 Vgl. Heinen: “Abgang durch Tod” 2018, S. 395.
7 Hanf, Walter: Chronik von Hollerath. Hollerath, 1990. S. 121 sowie Heinen, Franz Albert: „Abgang durch Tod“. Zwangsarbeit im Kreis Schleiden 1939 - 1945. Schleiden, 2018. S. 254.