Biografische Darstellung
Die Bestände des privaten Nachlasses, anhand derer sich Walter Models Biographie rekonstruieren lässt, sind nicht sehr umfassend. Während des Zweiten Weltkrieges hatte Model wiederholt Aufzeichnungen über das Kriegsgeschehen und seine Beteiligung daran an seine Frau und seinen Sohn gesandt, mit der Bitte, dass diese seiner privaten Sammlung beigefügt werden sollten.1 Kurz vor Kriegsende ließ er diese Bestände jedoch vernichten, um sie nicht in die Hände der vorrückenden Roten Armee gelangen zu lassen, da der Wohnsitz der Familie sich zum damaligen Zeitpunkt in Dresden befand.2
Im deutschsprachigen Raum sind es vor allem zwei Autoren, die sich der Biographie Walter Models sowie der vorhandenen Akten und Zeitzeugenberichte angenommen und zwei knapp 300-seitige Biographien hinterlassen haben: Walter Görlitz (*1913 - †1991) und Marcel Stein (*1921). Eine Grundlage vieler Darstellungen bildete auch die Dokumentensammlung Hansgeorg Models, der Sohn Models, und Dermot Bradleys.3 Auf den genannten Werken fußen viele der später erschienenen Darstellungen. Die Werke beider Autoren haben eine eigene Publikationsgeschichte, auf die hier kurz eingegangen werden soll:
Walter Görlitz hat seine Biographie erstmals 1975 im Wiesbadener Limes Verlag unter dem Titel Model. Strategie der Defensive vorgelegt.4 Dasselbe Buch erschien später unter verschiedenen Titeln in weiteren Verlagen, zuletzt wurde es 2012 neu aufgelegt.5 Görlitz war Ressortleiter für Zeitgeschichte bei der Zeitung Die Welt und hat zahlreiche Bücher zu führenden Köpfen der Militärgeschichte verfasst, deren Darstellungen jedoch weniger nach wissenschaftlichen als nach journalistischen Kriterien erfolgten. So weist seine Model-Biographie zwar ein Quellenverzeichnis auf, ist aber ohne Fußnoten abgefasst, sodass die Überprüfung einzelner Aussagen erschwert ist.
Marcel Steins Publikation über Walter Model erschien in zwei Fassungen: Die erste Ausgabe legte der Autor 2001 unter dem Titel Walter Model. Legende und Wirklichkeit vor.6 Ihre Aufnahme unter militärhistorisch Interessierten war weitgehend positiv, es gab allerdings eine Ausnahme. Johannes Hürter, Mitarbeiter des Münchener Institut für Zeitgeschichte und selbst Autor einer umfangreichen Studie über Hitlers Heerführer7, hatte Stein 2002 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorgeworfen, "in den Duktus einer Verteidigungsschrift"8 verfallen zu sein und Aspekte der Partisanenbekämpfung, des Umgangs mit der Zivilbevölkerung sowie der Zerstörung von Ortschaften während des Rückzugs in der Sowjetunion bloß "mit einigen verharmlosenden Floskeln abgehandelt"9 zu haben. Stein war kein ausgebildeter Historiker. 1921 in Berlin geboren, hatte er als Jude vor den Verfolgungen durch Hitlers faschistischem Regime fliehen müssen, in der französischen Armee gekämpft, war 1975 nach Israel ausgewandert und hatte Karriere in verschiedenen Wirtschaftsunternehmen gemacht. Hürters Kritik sowie zwischenzeitlich erschienene kritische Darstellungen über die Rolle der Wehrmacht im Vernichtungskrieg veranlassten ihn, sein Buch über Model zu überarbeiten und 2008 als "Eine Neubewertung"10 herauszubringen.
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1 vgl. Möller, Frank: Models Knochen - Models Grab? Eine Recherche, die vermeintliche Gewissheiten in Frage stellt. S. 3. Online-Publikation unter https://frank-moeller.eu/wp-content/uploads/2020/11/01_Models-Knochen.pdf (zuletzt aufgerufen: 17.08.2023).
2 vgl. Görlitz, Walter: Model. Der Feldmarschall und sein Endkampf an der Ruhr. 6. Auflage, München: Universitas Verlag in F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung 1993, S. 13.
3 Model, Hansgeorg / Bradley, Dermot: Generalfeldmarschall Walter Model (1891-1945). Dokumentation eines Soldatenlebens. Osnabrück: Biblio Verlag 1991.
4 Görlitz, Walter: Model. Strategie der Defensive. Wiesbaden: Limes-Verlag 1975.
5 a) Görlitz: Model 1993; ders.: Generalfeldmarschall Model. Biographie. Beltheim-Schnellbach: Lindenbaum Verlag 2012; außerdem ders.: Model. Strategie der Defensive. Von Rußland bis zum Ruhrkessel. Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe 1979.
6 Stein, Marcel: Generalfeldmarschall Walter Model. Legende und Wirklichkeit. Bissendorf: Biblio Verlag 2001.
7 Hürter, Johannes: Hitlers Heerführer. Die deutschen Oberbefehlshaber im Krieg gegen die Sowjetunion 1941/42. München: Oldenbourg Verlag 2007.
8 Hürter, Johannes: Rezension Sachbuch: Endkämpfer. In: „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 19.01.2002, Nr. 16, S. 9, URL: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/politik/rezension-sachbuch-endkaempfer-152318.html (zuletzt aufgerufen: 05.06.2024).
9 ebd.
10 Stein, Marcel: Generalfeldmarschall Walter Model. Eine Neubewertung. Zweite und wesentlich geänderte Auflage des Buches, Generalfeldmarschall Walter Model – Legende und Wirklichkeit. Bissendorf: Biblio Verlag 2008.