1952 bis 1957

Wer die Kriegsgräberstätte Vossenack nach ihrer Eröffnung im August 1952 aufsuchte, musste - damals wie heute - zunächst durch ein schmales handgeschmiedetes Eingangstor gehen. Das Tor wurde von massiven, mit einer gerundeten Kuppe versehenen steinernen Einfassungen aus Grauwacke (einem grauen Sandstein), flankiert, die einen wehrhaften Eindruck vermittelten.

Kriegsgräberstätte Vossenack mit Treppenabsatz und Sarkophag

Treppenabsatz und Sarkophag. (Quelle: Bundesgeschäftsstelle des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Bildarchiv.)

Kriegsgräberstätte Vossenack - Ursprüngliches Eingangstor mit Massivmauer

Ursprüngliches Eingangstor mit Massivmauer. (Quelle: Bundesgeschäftsstelle des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Bildarchiv.)

Grabplatten

Grabplatten. (Quelle: Frank Möller, Köln.)

Kriegsgräberstätte Vossenack: Grabplatten und Symbolkreuze

Grabplatten und Symbolkreuze auf der Kriegsgräberstätte Vossenack. (Quelle: Frank Möller, Köln.)

Unterstrichen wurde dieser Eindruck durch zwei Engelskulpturen, die auf den Einfassungen platziert waren: Die inzwischen entfernten Skulpturen wirkten wie zwei Wächter, die den Besucherinnen und Besuchern ihre Kreuze als geistige Waffen entgegenhielten. Beide Figuren wurden vom Bildhauer Otto Gattinger aus München entworfen und waren in Gusseisen ausgeführt worden. Anschließend schritt man auf einen breiten Treppenabsatz zu und stieg dort zum eigentlichen Gräberfeld auf. Durch die Mitte dieses Feldes zog sich ein schnurgerader Weg, der auf einen massiven Steinkorpus zuführte, den sogenannten ‚Sarkophag'. Tischler hatte ihn mit den Maßen 4,50 x 2,20 x 1,75 Metern aus Basaltlavasteinen zusammensetzen lassen. Seine in drei Zeilen abgefasste Aufschrift lautet „HIER RUHEN / DEUTSCHE SOLDATEN / 1939 1945“. Die Mauer rechts und links des ‚Sarkophags‘ war und ist noch heute als langgestreckte Sitzbank angelegt, von der aus der Blick über die Gräberstätte gleitet.

Die Gräberstätte selbst ist streng axial aufgebaut. Gerade Linien, rechte Winkel und der Verzicht auf Baum- oder Sträucheranpflanzungen sind kennzeichnend. Markant an Tischlers Entwurf ist, dass das gesamte Gräberfeld mit einheitlichen, quadratischen Bodenplatten aus Basaltlava (31 x 31 cm) bestückt ist, die im Abstand von gut einem Meter aufgebracht und mit zwei Namen der Toten oder mit dem Hinweis „Unbekannter Soldat“ sowie mit den Lebensdaten und Grabnummern der Toten versehen wurden. Die Tafeln befinden sich jeweils zwischen zwei Gräbern. Anfang der 2000er wurden sie auf zusätzlichen Grundplatten verankert, um ihrem Diebstahl vorzubeugen.

Was verkörpern diese Steine und ihre Anordnung?

Zum einen verleihen sie der Individualität der Toten durch Namensnennung sowie Geburts- und Todesdaten Ausdruck. Doch diese Form der Individualisierung wird stark dadurch überlagert, dass die Toten in ein Ordnungsschema eingefügt sind, das dem Prinzip der Uniformität folgt. Durch die Funktionalisierung der einzelnen Grabplatten zu einem strengen Muster erscheinen sie zwangsläufig weniger als Individuen, sondern vielmehr wie ein militärisches Kollektiv. Tischler gilt als Erfinder der Symbolkreuze: Darunter versteht man Gruppen zu drei oder fünf Kreuzen, die bereits während des Zweiten Weltkriegs auf Kriegsgräberstätten in eroberten Ländern platziert wurden.

Diese Tradition setzte der Volksbund nach dem Kriegsende fort. Auf der Kriegsgräberstätte Vossenack sind diese Gruppen aus dunklem und rauem Theumaer Schiefer geformt. Ihre Botschaft ist einerseits christlich, wird aber durch die Anordnung in entsprechenden Gruppen durch eine militärische Ikonographie insofern überlagert, als sie den militärischen Führer mit seinen Soldaten symbolisch verkörpern. Regelmäßig über die Gräberstätte in Gruppen verteilt, können sie für einen allzeit bereiten Heeresverband ebenso stehen wie für einzelne Patrouillen. In den Anfangsjahren hatte Tischler auch für eine einheitliche Bepflanzung auf der Gräberstätte gesorgt, indem er dort ein silberblau schimmerndes Gras anpflanzen ließ – Festuca glauca, zu Deutsch: Blauschwingel – das aus dem mediterranen Raum stammt.

Der Wuchs dieses Grases, das sich bald bis über die Grabplatten erstreckte und dadurch auch die Namen der Toten bedeckte, kam Tischlers Intention entgegen, die Bestatteten als militärisches Kollektiv ehren zu lassen und ihre individuelle Wahrnehmung zurückzudrängen. Langfristig erwies sich dieser Bewuchs allerdings als nicht geeignet, weil er zu frostanfällig war und einen hohen Pflegeaufwand erforderte. Er wurde später, wie auch die Bepflanzung in Hürtgen, durch eine einheitliche Rasendecke ersetzt.1

Sie haben die Möglichkeit, die mit einem mobilen 3D-Scanner erzeugten LiDAR-Modelle einer Grabplatte und des Sarkophages auf der Kriegsgräberstätte Vossenack aus einer 360°-Perspektive betrachten zu können.

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1Möller, Frank: Kriegsgräberstätte Hürtgen. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-332617 (Abgerufen: 13. Juli 2022)