Konflikt um den Gedenkstein

Der Konflikt um den Gedenkstein mit der geschichtsrevisionistischen Botschaft begann erst am 18. September 2017, als Konrad Schöller, ein Bürger der Ortschaft Schmidt, einen Bürgerantrag beim Rat der Gemeinde Nideggen einreichte. In diesem regte er an, den Gedenkstein nach wissenschaftlichen Kriterien einordnen und vor Ort entsprechend kommentieren zu lassen. Am 17. Oktober 2017 unterstützte die Ratsver­sammlung in Nideggen den Antrag Konrad Schöllers einstimmig.1
Danach tat sich auf politischer Ebene zunächst wenig. Etwa ein Jahr später lud der parteilose Bürgermeister der Gemeinde Nideggen, Marco Schmunkamp, zu einem Gespräch für den 5. November 2018 ein, um den weiteren Umgang mit dem Gedenkstein zu erörtern. An dem Treffen nahmen 16 Personen teil. Darunter Vertreter:innen des Heimatbundes Schmidt, des Heimat- und Geschichtsvereins Nideggen sowie – laut Frank Möller – mutmaßliche Unterstützer Ron van Rijts, der selbst krankheitsbedingt nicht erschienen war. Darüber hinaus waren der Ortsvorsteher von Schmidt, der Bürgermeister von Nideggen, Vertreter des Kirchenvorstands von Schmidt sowie Konrad Schöller und dessen Sohn, Benedikt Schöller, bei dem Treffen zugegen.
Das Treffen – so schilderten es Teilnehmende – verlief seitens der Befürworter des Gedenksteins streckenweise emotional. Konrad Schöller zog sich aufgrund des Verlaufs der Sitzung schließlich aus dem weiteren Verfahren zurück. Am Ende des Treffens stand eine Absichtserklärung, unter geschichtswissenschaftlicher Begleitung einen erläuternden Text in der Nähe des Steins anbringen zu lassen. Im weiteren Verlauf wurde zudem deutlich, dass es für die Aufstellung des Steins 1999 kein geordnetes Antrags- und Genehmigungsverfahren gegeben hatte und diese somit nicht rechtens war.

Zwischenzeitlich hatte sich der Bürgermeister in dem Konflikt um wissenschaftlichen Beistand bemüht. Dr. Karola Fings, ihrerzeit stellvertretende Direktorin des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln, hatte eine schriftliche Stellungnahme eingereicht, der zu entnehmen war, dass der Stein nicht die Voraussetzungen für eine Historisierung durch Kommentierung erfülle. Der Versuch, einen Bogen vom Einsatz der 89. Infanterie-Division zum Frieden der Nachkriegszeit zu schlagen, diene dem Zweck, den Kämpfen der Wehrmachtsoldaten nachträglich einen Sinn zuzuschreiben und zudem die Wehrmacht zu glorifizieren. Die historisch falsche Botschaft, die damit von dem Stein ausgehe, solle nicht durch dessen Präsenz im öffentlichen Raum an Legitimität gewinnen.
Fings forderte daher die Entfernung des Steins. Zu demselben Schluss kamen auch die Autor:innen der von der Vogelsang IP erstellten 'Machbarkeitsstudie für ein Landschaftsmuseum Hürtgenwald'. Sie wiesen darauf hin, dass der Gedenkstein bereits im Jahr seiner Aufstellung nicht mehr der damals gültigen erinnerungskulturellen Praxis entsprochen habe. Dem schlossen sich auf einer Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Tourismus auch Vertreter:innen der Landesgeschäftsstelle des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge NRW an und forderten ebenfalls die Entfernung des Steins. Doch die hinzugezogene Fachkompetenz von außen führte zu keinem Ergebnis, welches den Konflikt hätte beilegen können und das von einer Mehrheit des Stadtrats hätte getragen werden müssen. Das Gegenteil war zunächst der Fall: Denn parallel zu den Auseinandersetzungen um den Stein in Rat und Ausschuss fand 2018/19 eine Umgestaltung der Grünanlage statt, in der der Stein aufgestellt worden war.

Sprang der Stein vor der Umgestaltung nicht direkt ins Auge, so war er nun zum unübersehbaren optischen Zentrum der Anlage gemacht worden – er war erhöht und damit zusätzlich hervorgehoben sowie in Szene gesetzt worden. Außerdem sorgten jetzt Außenstrahler dafür, dass er nachts  beleuchtet wurde.
Eine erläuternde Tafel, die darauf hinwies, dass der künftige Umgang mit dem Stein ein offener Prozess sei, wurde im Dezember 2019 aufgestellt. Es war bereits das zweite Schild dieser Art. An dem vorherigen war bemängelt worden, dass der künftige Umgang nicht als offener Prozess benannt, sondern eine Beseitigung des Steins verbal ausgeschlossen worden sei. Die im Dezember installierte Tafel folgte einer fachlichen Empfehlung von Karola Fings.2

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1 Hören Sie hier einen Mitschnitt der Stadt Nideggen der letzten Ausschussdebatte über den Gedenkstein vom 20. Juli 2021, URL: https://www.nideggen.de/audiodateien/ausschuss-ehrenamt-denkmal-tourismus/TOP-4.1-Antraege-der-Fraktionen-MfN-und-Buendnis-90-DIE-GRUeNEN.Umgang-mit-dem-sogenannten-Denkmal-in-Schmidt.mp3, abgerufen am 21. August 2023.
2 Möller, Frank: Gedenkstein in Nideggen-Schmidt, in: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital, URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-327318, abgerufen am 22. August 2023.

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